Kaum in Moskau angekommen ist auch schon der letzte Tag angebrochen. Es wird alles für das große Transsib-Abenteuer vorbereitet. Am Abend führt die Reise mit dem “Rossija-Express” Richtung Osten. Du befindest Dich in meinem Transsib-Reisetagebuch aus dem Jahr 2009. Die Abenteuer sind zeitlos, aber wenn Du Reisetipps für die Reisevorbereitung mit Fahrplänen, Ticket-Infos u.s.w. suchst schau bitte auf die Seite mit den aktuellen Reisetipps für die Transsibirische Eisenbahn.
Donnerstag, 29. Jaenner 2009
Am Morgen verabschiede ich mich endgueltig von Justin, packe meine Sachen, und verlasse gegen 10 Uhr die Wohnung. Die Metro (hier findest Du aktuelle Sehenswürdigkeiten- und Reisetipps für die Metro Moskau) bringt mich zum Jaroslawer Bahnhof, wo heute meine dreieinhalbtaegige Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn um 21:25 Moskauer Zeit starten wird. Ich lasse mein Gepaeck bei der Gepaeckaufbewarung einsperren, so habe ich einen unbelasteten, letzten Tag in Moskau. Ohne Rucksack ist es doch gleich angenehmer. Dafuer bin ich schon wieder komplett durchgeschwitzt. Na super – ein Reserve T-Shirt befindet sich im abgegebenen Rucksack. In der Naehe des Bahnhofs finde ich ein Kleidungsgeschaeft. Ich kaufe ein dunkelblaues T-Shirt und behalte es gleich an. Wieder “trockengelegt” fuehlt man sich gleich besser.
Es gibt verschiedene Meinungen, ob man in der Moskauer Metro fotografieren darf oder nicht. Frueher war es sehr streng, doch sieht man die Vielzahl an Videos in Youtube, so duerfte das Fotografieren kein Problem mehr sein. “Sicher ist sicher” denke ich mir und lege einen neuen Chip in die Kamera. Sollte es Probleme geben, sind die anderen Urlaubsfotos nicht gefaehrdet.
Die Moskauer Metro ist deshalb besonder interessant, da die Stationen wahre Palaeste sind. Die alten Stationen, besonders viele entlang der Zirkellinie, sind mit Marmor, Granit, Stuck und vielen anderen aufwaendigen Materialien gestaltet. Viele der Stationen sind Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut. Bei neueren Stationen aus den 2000er Jahren wird an die alte Tradition angeknuepft und die Stationen mit viel Stil gestaltet.
Teile der Metro koennen auch als Bunker genutzt werden. Daher befinden sich die Stationen besonders tief unter der Erde. Die Fahrt mit den sehr schnellen Rolltreppen dauert hier oft einige Minuten.
Taeglich nutzen rund 9 Millionen Passagiere das 250 km lange Netz, das sind mehr Fahrgaeste als in London und New York zusammen. Zur Rush Hour schieben sich die Menschenmassen ueber die Rolltreppen und Gaenge bis zum Bahnsteig. Einen solchen Menschenstrom habe ich noch nie gesehen. Trotzdem laeuft alles sehr diszipliniert ab. Es wird kaum gesprochen, auch nicht in den Waggons. Alle haben das gleiche “Pokerface” und laufen wie gleichgeschaltet hintereinander her.
Am Bahnsteig angelangt, wartet man geduldig auf den naechsten Zug. Am Bahnsteigende befindet sich ein Zaehler auf dem man erkennen kann, wie viele Sekunden seit der Abfahrt des letzten Zuges vergangen ist. Ich sehe 60 Sekunden, da kommt die naechste Metro. Entweder ist man schnell und draengt, oder man bleibt – wie ich – am Bahnsteig zurueck. So habe ich nochmals Gelegenheit, die Stoppuhr zu betrachten. 35 Sekunden, der naechste Zug ist da. Ich “schwappe” umhuellt von vielen Pendlern in den Zug. Die Tueren schliessen und wir sind mit hoellenlaerm unterwegs. Die alten russischen Metrozuege beweisen Charakter und zeigen akustisch, was sie leisten. Neuere Modelle, innen auch schon mit Stations-Anzeigen, sind hier schon etwas ohrenschonender.
Die Stations-Durchsagen sind schwer zu verstehen trotzdem sie nur bei Schritt-Tempo oder bei Stillstand gemacht werden. Zur Orientierung werden bei Fahrt stadteinwaerts die Stationen von einer maennlichen Stimme, stadtauswaerts von einer weiblichen durchgesagt. Bei der Zirkellinie haben Frauen gegen den Uhrzeigersinn “das Sagen”, Maenner verschaffen sich im Uhrzeigersinn Gehoer. Die Stationen sind auf vielen Linien sehr weit auseinander. Auch bei den Aufgaengen kann es gefaehrlich sein, den falschen zu erwischen. Auf Grund der tief gelegenen Stationen sind sie an der Oberflaeche zwischen 500 und 700 Meter voneinander entfernt.
Die Beschilderung ist fuer Fremde anfangs sehr gewoehnungsbeduerftig. Wer die kyrillische Schrift nicht beherrscht hat im Untergrund seine grosse “Freude”. Eine gute Orientierung gibt es nur direkt am Bahnsteig, hier sind etwa in der Mitte hinter dem Gleis die naechsten Stationen inklusive Umsteigemoeglichkeit angegeben. Dumm nur, wenn grad ein Zug da steht – was doch sehr oft der Fall ist. Uebergaenge zu anderen Linien befinden sich oft in einem Bogen, der gleich aussieht wie der Zugang zum Bahnsteig. Tatsaechlich fuehrt eine Treppe zu einer Bruecke ueber die Gleise.
Um den “Metro-Fuehrer” komplett zu machen: Es wird jeweils der Zugang zur Metro bezahlt. Tageskarten gibt es nicht, aber zB. 10er-Karten (200 Rubel) oder mehr. An der Kasse erhaelt man eine Magnetkarte mit den aufgebuchten Zugaengen. Man haelt dann die Karte zu einem Sensor und das Drehkreuz oeffnet. Die aktuelle Zahl an verfuegbaren Fahrten wird angezeigt. Ist man einmal im “System” unten, kann man fahren, so lang und wo hin man will.
Und wen’s weiter interessiert: Es gibt einige Geruechte uber den Bestand einer geheimen Kreml-Metro. Meist unbestaetigte Details dazu im Internet…
Jedenfalls ist beim Fotografieren (ohne Blitz) nichts passiert und so habe ich endlich meine Metro-Fotos “im Kasten”. Ich fahre zum WWZ-allrussisches Ausstellungszentrum, zu Sowiet-Zeiten das WDNCH. Beim Metro-Ausgang ist eine grosse Statue mit der Kopie der Rakete “Wostok” zu sehen mit der sich einst der Kosmonaut Juri Gagarin als erster Mensch ins Weltall aufmachte.
Durch ein ueberdimensionales Tor gelangt man auf einen Teil des Gelaendes. Rummelplatzfahrzeuge sind zu sehen, hier flitzt auch die “Wilde Maus”.
Als zentraler Punkt ist der Pavillon Nr. 1 “Pavillon der Voelker Russlands” als einziger mit den sowjetischen Symbolen erhalten. Davor wacht Lenin. Das Innere ist mehr als enttaeuschend – eine schmuddelige Einkaufspassage.
Sonst gibt es hier nichts Besonderes zu sehen, vielleicht bietet der Platz mit seinen Springbrunnen im Sommer mehr.
Ich gehe zum Eingang der Mono-Rail die vom Ausstellungszentrum wegfaehrt. Ich habe mir eine rasante Fahrt vorgestellt – wir rumpeln gemaechlich dahin und werden sogar vom O-Bus ueberholt. Die Monorail ist zwar huebsch anzusehen, kann aber mit den anderen Fahrzeugen einer Millionenmetropole nicht konkurrieren.
Dafuer bietet sich ein schoener Ueberblick ueber die Moskauer Vorstadt und auch den Ostankino Fernsehturm. Urspruenglich wollte ich mir auch von dort oben einen schoenen Ueberblick ueber die Stadt machen aber bei diesem Schmuddelwetter hat das leider keinen Sinn.
Einige Zeit bis zur Abfahrt meines Zuges nutze ich, um meine Berichte am Kiewer Bahnhof weiter zu schreiben. Dann fahre ich zur Rush-Hour zum Jaroslaver Bahnhof. Genau genommen befinden sich an diesem Platz drei grosse Bahnhoefe. Es wurlt, ein grosses Gebaeude ist nur als Ausgang aus der Metro bestimmt. Am Platz rund um den Bahnhof sind Kioske und “Fresstaende” aufgestellt. Ueberall hoert man Musik – es gleicht fast einem Basar. Das Tauwetter tut sein uebriges und verwandelt den Platz in ein einziges “Dreckloch”.
Die Bahnsteige sind vom Bahnhof getrennt, man muss also eine Strasse im Freien ueberqueren. Dort fahren dann die Elektritschka-Vorortezuege und etwas abseits auch die Fernverkehrszuege ab. Erst etwa 30 Minuten vor Abfahrt wird der Bahnsteig angezeigt, von dem der Zug Nummer 2 nach Wladiwostock abfaehrt.
Mit Sack und Pack gehe ich zum Bahnsteig. Der “Rossija” hebt sich durch die spezielle, blau-rote Farbgebung von den anderen Zuegen ab. Es ist sehr rutschig und ich gehe vorsichtig zu Waggon Nr. 7. Dort nimmt mir eine adrette Schaffnerin in hohen Lederstiefeln und Rock meine Fahrkarte ab. Mit einem freundlichen ?????? ?????! steige ich in den Zug Richtung Wladiwostok.
Weiterlesen im Live-Reisetagebuch Transsibirische Eisenbahn:
- Nächster Reisetagebuch-Eintrag: Transsib (6): In der Transsibirischen Eisenbahn I
- zur Übersicht dieser Reise: Transsib Tagebuch
- zur Übersicht mit vielen Reisetipps: Auf Reise mit der Transsibirischen Eisenbahn
Wie ist Deine Meinung zum Thema? Hinterlasse einen Kommentar!