Das Yak zupft lautstark neben dem Bett das Gras vom Boden, die Vögel trapsen über meinem Bett und der Wind zerrt an der Verzurrung der Jurte. Das ist Mogolei-Feelingen wie ich es liebe. In der traditionellen Behausung der mongolischen Nomaden zu schlafen ist ein besonderes, naturverbundenes Erlebnis. In der Jurte zu übernachten gehört zum “Pflichtprogramm” während einer Mongoleireise. Wie und wo? Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Im Deutschsprachigen Raum ist der Begriff “Jurte” für die runden, niedrigen Behausungen der Nomaden weit verbreitet. In der Mongolei werden die mobilen Rundzelte “Ger” genannt. In wenigen Stunden können sie vollständig abgebaut und verladen werden. Die niedrige Eingangstüre ist immer Richtung Osten ausgerichtet, in der Mitte eines Gers befindet sich der Ofen. Im Sommer wird er hauptsächlich zum kochen verwendet, im Winter heizt er auch das Ger. In den Jurten für Touristen fehlt oft der Ofen. Um die Dachluke zu stabilisieren baumelt an dessen Stelle meist ein Stein oder ein anderer schwerer Gegenstand an einem Seil.
In der Nacht kann es auch im Sommer sehr kühl werden, darum ist das Ger mit Filz aus Schafwolle gedämmt. Im Winter hat ein Ger noch eine viel dickere Dämmung.
Inhalt:
Übernachten bei der mongolischen Nomadenfamilie
Das Erlebnis bei einer Übernachtung in der Jurte ist sehr unterschiedlich. Es gibt einfache Gers bei Nomadenfamilien in der Wüste Gobi oder in der Steppe, die außer einem harten Betten nicht viel Luxus bieten.
Gäste bringen bei einer Übernachtung bei einer Nomadenfamilie ihren eigenen Schlafsack mit. Die Betten haben nicht immer europäische Maße. “Lange” Menschen, wie ich, haben da durchaus ein Problem die Beine unterzubringen. In vielen Gers haben die Betten unterschiedliche Längen.
Stelle Dich darauf ein, dass das Leben fernab von Städten sehr “basic” verläuft. Die Zähne putzt Du einige Meter vom Ger entfernt in der Wildnis. Manchmal gibt es Plumsklos oder sehr einfache “Freilufttoiletten”. Der Wasserverbrauch ist hier auf ein Minimum reduziert. Erwarte Dir auch keine Dusche und stelle Dich auf eine romantische Nacht bei Kerzenschein ein.
Gelegentlich hängt in den Gäste-Jurten bei Nomadenfamilien eine Glühbirne. Wenn die Solaranlagen tagsüber die Akkus genügend aufgeladen hat, dann brennt sie auch. Die Gastfamilie verbringen in ihrem Ger gerne den Abend vor dem Fernsehgerät und verfolgen Musiksendungen oder das Naadamfest.
In den einfachen Jurten gibt es meist keine Möglichkeit Smartphones oder Laptops zu laden.
Erlebnisse in Wüste und Steppe
Aber wer braucht schon Strom und Fernsehen, wenn man “das beste Programm” direkt vor der Jurtentüre hat? Die Sonnenuntergänge in Wüste und Steppen sind einmalige Erlebnisse. Wenn sich der Himmel langsam verfärbt, die roten und orangen Farbtöne immer intensiver werden bis die Wolken in einen unwirklichen Violett schimmern.
Dann ist bald die Wega als eine der ersten Sterne am Himmel zu sehen. Sternbilder wie der Große Wagen und Skorpion erscheinen am Himmel. Bald sind, dank der weit entfernten Städte und der fehlenden Lichtverschmutzung, auch die Milchstraße und viele weitere Sterne zu sehen.
Ist der Himmel bedeckt, dann wird es in der Wüste Gobi und in der Steppe hingegen stockdunkel. So finster wie in einem fensterlosen Keller. Der Toilettengang mitten in der Nacht ist schon etwas gruselig. Ohne Taschenlampe kannst Du nicht einmal das Ger wenige Meter neben Dir erkennen. Es ist ein sehr eigenartiges Gefühl, wenn es rund um Dich mucksmäuschenstill ist. In dieser Situation bin ich ohne Taschenlampe für ein weit entferntes Wetterleuchten oder ein paar Blitze am Himmel dankbar.
Wenn es blitzt, dann solltest Du rechtzeitig die Dachluke der Jurte schließen, sonst wachst Du vielleicht in einem nassen Bett auf.
So ist es allerdings in der Jurte stockfinster, nur Geräusche dringen durch die dichten Filzwände. Wenn ein Yak direkt neben Deinem Bett grast und geräuschvoll die Halme abzupft dann weißt Du, dass es Zeit zum aufstehen ist. Du öffnest die die kleine Türe und blickst direkt in die Morgensonne, die Wolken haben sich wieder verzogen!
Kulinarische Einblicke ins Nomadenleben
Wenn Du Glück hast wird eine Ziege oder ein Schaf geschlachtet und Du darfst die mongolischen Nationalgerichte Chorchog (mongolisch Xopxoг, englisch Khorkhog) oder Boodog (mongolisch боодог) probieren.
Bei beiden Garmethoden wird Fleisch mit Hilfe von heißen Steinen erhitzt. Besonders gut eignen sich dafür Lavasteine. Bei Chorchog werden die mit Salz und Pfeffer gewürzten Fleischstücke durch die heißen Steine in einem großen Topf gegart. Manchmal befinden sich auch Wurzelgemüse, wie Karotten, sowie Zwiebel und Knoblauch mit dem Fleisch im Topf.
Bei Boodog werden die heißen Steine in den Bauch des Tieres gefüllt und so das Fleisch in einem Stück erhitzt. Das klappt allerdings nur bei kleinen Tieren, wie z.B. Murmeltieren.
Übernachtung im Ger-Camp
In sogenannten Ger-Camps ist die Ausstattung gehobener als bei den mongolischen Nomadenfamilien. Oft gibt es zumindest in den Gemeinschaftsräumen Strom und Steckdosen, Duschen und Waschmöglichkeiten. Manche Ger-Camps bieten in einem Restaurant Speisen und Getränke an.
Neben den Gemeinschaftsjurten mit mehreren Betten werden auch Jurten mit zwei Betten angeboten. Auch Bettwäsche wird in einigen Ger-Camps gestellt. Unbedingt vorher nachfragen, ob ein Schlafsack für die Übernachtung notwendig ist!
Jurtenübernachtung in der Nähe von Ulan Bator
Wer nur wenige Tage in der Mongolei verbringt kann auch in der Nähe der Hauptstadt Ulan Bator in der Jurte übernachten. Vor den Toren der Hauptstadt wartet die weite Steppe! Mindestens zwei Tage Zeit solltest Du für einen Ausflug mitbringen.
Nur ca. 2,5 Stunden von Ulan Bator entfernt liegt der Tereldsch Nationalpark (engl. Terelj Nationalpark). Dort gibt es einige Ger-Camps in herrlicher Landschaft, sie beeindruckt mich bei jedem Besuch. Bei meiner ersten Reise in die Mongolei habe ich im Winter im Tereldsch Nationalpark in einer Jurte übernachtet.
Wer mit dem Zarengold Sonderzug entlang der Transsibirischen Eisenbahn reist kann beim Stopp in der Mongolei auch in in einer Jurte im Tereldsch Natinalpark zu übernachten. Die Gers mit jeweils zwei Betten im Ger-Camp sind mit weißer Bettwäsche und Ofen ausgestattet.
Der Abend bei Kerzenschein in der tollen Felskulisse ist ein Erlebnis für sich. Es macht einfach Spaß aus dem Alltag auszubrechen und die Ruhe in der herrlichen Landschaft zu genießen.
Wer Glück hat verbringt die Nacht im Tereldsch Nationalpark bei Vollmond. Bei meinem Besuch verwandelt das Mondlicht die Umgebung in eine unwirkliche Landschaft.
Nach einer Übernachtung im Tereldsch Nationalpark bleibt auch genügend Zeit für einen kleinen Ausritt auf dem Pferden oder Kamel. Im Buuveit Camp Camp kann man auch ein kleines Naadamfest mit den Disziplinen Ringen, Bogenschießen und Pferderennen miterleben.
Ger-Übernachtung in Charchorin
Mindestens drei Tage und zwei Nächte solltest Du für einen Ausflug inklusive Jurtenübernachtung in die Mini-Gobi oder nach Charchorin (mongolisch: Хархорин, englisch Kharkhorin) einplanen. Dort befindet sich auch die Ruinen der ehemaligen Hauptstadt der Mongolei Karakorum (mongolisch Хархорум, englisch Kharkhorin). In Charchorin bieten Gästhäuser in der Nähe der Stadt Übernachtungen in der Jurte an.
Empfehlenswert und sehr freundlich ist hier Gaya’s Guesthouse*, ca. 15 Minuten zu Fuß vom Kloster Erdene Dsuu (mongolisch Эрдэнэ Зуу, englisch Erdene Zuu Monastery) entfernt. Hier kannst du im Mehrbett-Ger oder in der 2-Bett-Jurten übernachten. Bettwäsche, Strom, Steckdosen und Gemeinschaftsbäder sind im Preis inklusive.
Gut vorbereitet für die Übernachtung in der Jurte
Je nachdem ob Du bei einer Nomadenfamilie oder in einem Ger-Camp übernachtest kann die Ausstattung der Jurten sehr unterschiedlich sein. Bei Nomadenfamilien musst Du meist auf Wasser, Dusche, Toilette in geschlossenen Räumen und Strom verzichten. Die Gers sind sehr einfach ausgestattet, bringe Deinen eigenen Schlafsack für die Übernachtung mit. Auch Verpflegung, Getränke und Toilettenpapier solltest Du selbst mitbringen.
In Ger-Camps ist der Standard etwas gehobener. Frage vor der Buchung nach, ob Bettwäsche gestellt wird. Bedenke, dass die Nächte in der Mongolei auch im Sommer sehr kühl sein können und nimm genügend Kleidung, auch für die Nacht, mit. Eine Windjacke sollte auch im Sommer mit ins Gepäck.
Manche Ger-Camps bieten Essen und Getränke in einem eigenen Restaurant an, zumindest dort kannst Du auch Deine Geräte aufladen. Gemeinschaftduschen und Waschmöglichkeiten sind oft vorhanden.
Bei allen Jurtenübernachtungen ist eine Taschenlampe oder Stirnlampe praktisch.
In jedem Fall mache Dich auf ein tolles Erlebnis in der Natur gefasst und freue Dich über tolle Momente in Wüste und Steppe.
Hast Du schon einmal in einer Jurte in der Mongolei übernachtet? Erzähle uns im Kommentar von Deinen Erlebnissen im Ger oder stelle Deine Fragen.
Offenlegung: Im Buuveit Camp habe ich im Rahmen einer Presse-Recherche im Zarengold-Zug übernachtet. Alle anderen Ger-Übernachtungen und Touren wurden von mir selbst organisiert und bezahlt.
Tina says
Unvergesslich! Auch wenn meine Nacht schon über 9 Jahre her ist – an die stolzen Mongolen mit seiner Waschmaschine neben der Yurte, wir lieber gefroeren habe als im Rauch (holzofen anzünden war damals nicht so unsere stärke) zu schlafen….Zeit für eine Wiederholung!
Eckhard says
Hallo Gerhard,
danke für deinen Blog.
Kannst du mir einen Anbieter empfehlen, bei dem ich so einen mehrtägigen Ausflug buchen kann? Kann ich das einfach vor Ort erledigen?
Andersreisender says
– Tina: Waschmaschine neben der Jurte – das hört sich ja mal spannend an! Ich hoffe, die hat nicht die ganze Nacht Lärm gemacht. ;-) Wusste gar nicht, dass man Waschmaschinen mit Solarstrom betreiben kann. Bei meiner Winterreise wurde es auch ziemlich frisch im Ger. Sei froh, dass Ihr Holz zum Heizen hattet, oft wird der Ofen nur mit getrocknetem Dung befeuert.
– Eckhard: Ich mag sehr gerne die abenteuerliche Art zu reisen. Ich hatte 2009 mit dem UB Guesthouse* gute Erfahrungen gemacht und mich diesmal wieder einer Kleingruppe angeschlossen. Die Tour in die Wüste Gobi war toll, kann ich also wieder weiterempfehlen!
Andreas Trölsch says
Zunächst Danke für den Bericht. Kurz: Ich will auch! Ich bin ab Oktober für knappe zwei Wochen in der Mongolei auf Durchreise nach Indochina. Mit der Transsib komme Morgens in Ulan Bator an. Kann mir jemand von Euch ein paar Tipps geben, wie ich (Backpacker) am ehesten zu den beschriebenen GER Camps … gern auch die einfache Nomaden Version komme? Mich würde auch interessieren, ob ich vorher etwas reservieren muss, damit ich nicht im Zweifel im Freien schlafen muss. Habe nur einen Biwaksack für den Notfall dabei. Wäre sehr nett, wenn jemand antwortet. Danke
Andersreisender says
– Andreas: Ich gehe mal davon aus, dass Du als Backpacker nicht mit einem eigenen Fahrzeug unterwegs bist. Dann solltest Du Dich einer Tour anschließen. Wie beschreiben, gibt es Jurten auch im Siedlungsgebiet, z.B. in Charchorin. So richtig in der Wildnis, z.B. bei Nomadenfamilien, kannst Du im Rahmen einer Tour übernachten. Als Backpacker in der Mongolei kann ich Dir z.B. das UB Guesthouse in Ulan-Bator empfehlen. Die bieten verschiedene Touren mit Jurtenübernachtung an.