Bahnreisende in Frankreich kommen an Paris kaum vorbei. Die Französische Hauptstadt ist das traditionelle Zentrum des Landes, das zeigt sich auch an der Struktur der Eisenbahnstrecken. Sie verlaufen größtenteils sternförmig von Paris aus in alle Landesteile. Leider gibt es in der Stadt an der Seine keinen zentralen Hauptbahnhof zum Umsteigen. Aber keine Sorge: Ich habe für Euch Tipps vom Experten, wie Ihr dennoch beim Umsteigen in Paris den Überblick behält.
Mein Hochgeschwindigkeitszug kommt um 13:37 Uhr in Paris Gare Lyon an, noch ist aber etwas Zeit bis zum Aussteigen. In Mulhouse, nahe der Deutsch-Französischen Grenze, sind Sigi Klausmann von der Bahnagentur Gleisnost und ich im TGV zugestiegen. Natürlich gibt es beim gemeinsamen Bahnfahren in Frankreich mit einem Bahnexperten nur ein Thema: Richtig. Die Eisenbahn und ihre Besonderheiten.
Sigi ist auf dieser Strecke regelmäßig unterwegs und kennt auch die Tücken des Zugewechsels in Paris. Das Umsteigen zwischen verschiedenen Zügen kann nämlich durchaus zur Herausforderung werden.
Statt an einem zentralen Hauptbahnhof wird der Bahnverkehr über Kopfbahnhöfe, die rund ums Stadtzentrum verteilt sind, abgewickelt.
Sigi, welche dieser Kopfbahnhöfe sind für Fernreisende in Paris wichtig?
Sigi: Wir kommen ja nachher gleich am Gare de Lyon an – so wie alle Züge aus der Schweiz, dem südlichen Elsass und dem gesamten Südosten Frankreichs. Dann gibt es auf dem Stadtplan im Uhrzeigersinn gleich nebenan den Gare d’Austerlitz für klassische Züge Richtung Süden und die Nachtzüge nach Spanien, Gare Montparnasse für den TGV-Verkehr zur gesamten Atlantik-Küste und nach Irun, Gare St.Lazare für die Normandie, Gare du Nord für den Eurostar nach London, den Thalys nach Brüssel, Amsterdam und Köln und schließlich den Gare de L’Est für Verbindungen in den französischen Osten, nach Luxembourg, Frankfurt, Stuttgart und München.
Wie kommt man am leichtesten von einem Kopfbahnhof zum anderen?
Sigi: Am leichtesten mit der legendären Metro, verirren fast ausgeschlossen. Wer sich etwas auskennt, genug Zeit und nichts gegen eine kleine Sightseeing-Tour hat, nimmt den Bus.
Taxis sind an vielen Bahnhöfen die schlechteste Wahl, oft wartet man an den Taxiständen auf das nächste freie Fahrzeug 30 Minuten oder länger.
Sind die Bahnhöfe alle mit öffentlichen Verkehrsmitteln verbunden?
Sigi: Ganz Paris hat ein hervorragendes Netz von öffentlichen Verkehrsmitteln. Die großen Bahnhöfe sind da nicht nur irgendwie “angeschlossen”, sondern bilden richtige Knotenpunkte von Metro, Bus und RER – wie man in Paris die S-Bahn nennt.
Der Weg zwischen Gare du Nord und Gare de l’Est sowie zwischen Gare de Lyon und Gare d’Austerlitz erledigt sich in einem kleinen Spaziergang zu Fuß.
Gilt der Zugfahrschein auch in den innerstädtischen Verkehrsmitteln in Paris?
Sigi: Man sollte denken: ja. Aber da denkt man falsch. Es braucht auf jeden Fall ein extra Ticket, das es vor Ort am Schalter oder am Automaten gibt.
Achtung: die Schlangen davor sind manchmal immens, und online ist nicht! Es gibt aber auch Fahrkarten-Verkaufsstellen, die einem das Metro-Ticket gleich mitliefern.
Reicht die angegebene Zeit im Online-Fahrplan zum Umsteigen aus oder sollte großzügiger geplant werden?
Sigi: Für jemanden, der sich in Paris auskennt, das Metro-Ticket schon in der Tasche hat und dessen Zug bei der Ankunft garantiert keine Verspätung hat: sicher. Allen anderen würde ich mindestens anderthalb bis zwei Stunden Puffer empfehlen.
Und wenn sich das dann doch als zu großzügig erweist gilt mein Motto: Lieber einen petit cafe in einem Bistro am Bahnhofsplatz als ein verpasster TGV…
Viele der Kopfbahnhöfe in Paris sind prunkvoll ausgestattet, nur wenige Bahnhöfe weltweit können da mithalten. Es lohnt also auch ein bisschen Zeit fürs Sightseeing einzuplanen. Gibt es einen Bahnhof, der Dich besonders beeindruckt?
Sigi: He, mit dieser Frage nach “einem” stellst Du mich vor eine Herausforderung. Aber, OK: der Gare de l’Est. Ganz klar.
Aber nur weil es der Pariser Bahnhof ist, in dem ich meistens in der Stadt ankomme, tu ich da den anderen vielleicht unrecht.
Der Lyoner Bahnhof mit seinem legendären Restaurant “Le Train Bleu”, der überaus imposante Gare du Nord, der erst jüngst liebevoll renovierte St.Lazare – das sind alles Sehenswürdigkeiten, und nicht einfach Bahnhöfe!
Danke, Sigi für Deine Tipps zum Umsteigen in Paris. Etwas Zeit bleibt noch für einen gemeinsamen Bummel in der Stadt an der Seine, bevor ich dann zum Nordbahnhof aufbreche.
Sigi: OK, kein Problem: ich werde Dir beim Bahnhofswechsel gerne behilflich sein :-)
Danke Dir, dann bleibt bestimmt noch genügend Zeit für einen “gemütlichen Kaffee”, bevor meine Reise mit dem Eurostar von Paris nach London weiter geht.
Alex says
Auch ich kam schon mal per Zug in Paris an. War anfänglich in den “Banlieues” zwar etwas schockiert, aber je näher es in Richtung Zentrum ging, so sauber und freundlicher wurde es. Interessant jedenfalls mal hier einen Artikel in Interview-form zu finden und zum letzten Bild, müsste es nicht “die Gare du Nord” sein? ;) Angenehmen Sonntag und allzeit gute Fahrt, ebenfalls an Herrn Siggi! :D
Andersreisender says
-Alex: Mein letzter längerer Aufenthalt in Paris ist schon viele Jahre her und diesmal war der Stopp ja nur sehr kurz. Von da her kann ich gerade nicht viel Kompetentes über die Außenbezirke sagen. Leider auch nichts zur französischen Sprache. Ich habe sie nie gelernt. Für mich war es “der” Gare du Nord” – abgeleitet vom deutschsprachigen Wort Bahnhof, das männlich ist. Wenn “Gare” im französischen weiblich ist, dann würde “die” natürlich besser passen.
Danke für die guten Wünsche – ich hoffe Sigi hat sie auch schon gelesen. :-)
Alex says
Siehst du mal, wieder etwas gelernt. Es ist “la gare” und somit ein “die”. ;)
Andersreisender says
Alex: Hört sich trotzdem irgendwie komisch an. ;-)
Sigi says
Tja, die Sprache! Ich weiss, dass ich mit meiner Vorgehensweise in der Minderheit bin, aber ich machs trotzdem so: Mir ist egal, ob “la” Gare eine Frau und “Le” Pont ein Mann ist. Wenn “Gare” Bahnhof heisst, schreibe ich auf deutsch dann “der Gare du Nord”. Und wenn “Pont” Brücke heisst, ist es bei mir “die Pont Charles de Gaulle”. Ich glaub auch nicht, dass es ein richtig oder falsch gibt. So isses halt beim Übersetzen – im Ende zählt, dass man es versteht.
Andersreisender says
Hauptsache man findet dort hin wo man hin will. ;-)
Jörg says
Schön mal über einen blog zu stolpern, der vieles explizit aus der Sicht des Bahnreisenden betrachtet :) Danke!
Andersreisender says
– Danke Jörg! Und weiterhin viel Spaß beim Lesen. :-)
Michael says
Sehr schöner Artikel mit vielen guten Hinweisen. Danke! Hab selbst schon Bahn- und Metro-Tickets in der Tasche und in wenigen Wochen geht es für mich zum ersten Mal überhaupt nach Paris. Bin sehr gespannt auf diese Stadt und ob das alles mit Bahn & Co. so klappt, wie ich mir das vorstelle. Den Gare de l’Est werde ich mir auf alle Fälle dann auch anschauen. Danke für den Tipp!
Andersreisender says
Danke, Michael! Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in Paris sehr gut ausgebaut. Ich bin mir sicher, dass das mit dem Umsteigen zwischen den Bahnhöfen auch gut klappen wird. :-)
Matthias says
Jetzt sind ja ein paar Jahre vergangen. Stimmt die Pufferempfehlung so noch?
VG