Der kürzeste Weg von Belgrad an die Adria verläuft durchs unwegsame Dinarische Gebirge. Spätestens ab der Grenze zu Montenegro führt die Strecke entlang unwegsamer Canyons, durch Tunnels und über die höchste Eisenbahnbrücke Europas.
Sind die Sehenswürdigkeiten in Belgrad abgegrast, wird es wieder Zeit zur Weiterfahrt. Einen ersten Vorgeschmack auf die zum Teil abenteuerlichen Verhältnisse beim Zugfahren in Serbien habe ich bereits im Nachtzug Budapest – Belgrad bekommen.
Inhalt:
Jugoslawische Gebirgsbahn
Diesmal geht die Reise aber mit dem Tagzug weiter. Eine der spektakulärsten Gebirgsbahnen Europas führt von der Serbischen Hauptstadt Belgrad in die Hafenstadt Bar an der Adria in Montenegro.
Für die 476 Kilometer lange Bahnstrecke sollten Reisende aber viel Zeit mitbringen. Laut Fahrplan dauert die Zugfahrt etwas mehr als 11 Stunden. Oft sind es aber zwölf, dreizehn oder noch mehr Stunden Fahrzeit. Früher, bei besserem Streckenzustand, war ein Zug nach sieben Stunden am Endbahnhof.
Positiv denkende Bahnreisende freuen sich über die lange Fahrzeit – so bekommt man ein längeres Bahnreiseabenteuer fürs gleiche Geld.
Die Bahnstrecke durchs Dinarische Gebirge wurde erst 1976 fertiggestellt und zählt zu den Prestigeprojekten des ehemaligen Jugoslawiens. Mit der Bahnstrecke wollte man eine direkte Verbindung von der Hauptstadt Belgrad an der Donau an die Adria schaffen. Der Großteil der Strecke verläuft durch Serbien und Montenegro, knapp zehn Kilometer führen durch bosnisches Gebiet.
Die meisten und längsten der 254 Tunnel und 435 Brücken auf der Bahnstrecke liegen in Montenegro, das seit dem Jahr 2006 von Serbien unabhängig ist. Fast ein Viertel der Gesamtstrecke Belgrad – Bar verläuft im Tunnel. Zusammengerechnet sind die Tunnel 114 Kilometer lang. Mateševo ist auf 1.032 Metern Seehöhe der höchste Punkt der Gebirgsbahn.
Höchste Eisenbahnbrücke Europas
Die bunten Herbstwälder werden Richtung Westen vom schroffen Karst abgelöst. In 198 Metern Höhe überquert der Zug auf der höchsten Eisenbahnbrücke Europas das tief eingeschnittene Tal. Der 498 Meter lange Mala-Rijeka-Viadukt wirkt in der kargen Landschaft gut getarnt in den gleichen Farbtönen wie die Umgebung. Den Reisenden bietet sich ein weiter Blick ins Land der Schwarzen Berge, bevor der Zug im nächsten Tunnel verschwindet.
Der steil abfallende Canyon weitet sich langsam zu einem breiten Tal. Bis in die Hauptstadt Podgorica führt die Reise entlang des Steilhangs ständig bergab.
Skutarisee
Eines der Highlights der Bahnreise ist der Skutarisee. Die Bahnstrecke führt über einen Damm quer über den See vorbei an einer verfallenen, türkischen Festung. Im Bahnhof Virpazar halten Regionalzüge, von hier sind es nur wenige Gehminuten in das gleichnamige Dorf.
Der Zug ist auf den letzten Kilometern seiner langen Reise Richtung Meer. Durch den über sechs Kilometer langen Sozina-Tunnel erreicht der Zug an der Küste seinen Endbahnhof.
Am besten plant man diese Bahnreise in den Sommermonaten, wenn es bis spät am Abend hell ist. Nur dann kann die spektakuläre Strecke komplett bei Tageslicht genossen werden – nicht zu viel Verspätung vorausgesetzt. Das Video wurde auf der Fahrt von Podgorica Richtung Belgrad mit der Casio Exilim EX ZX-200 Digitalkamera gedreht.
Verspätung an der Tagesordnung
Auf ungeplante Stopps und große Verspätungen sollten Bahnreisende vorbereitet sein. Die Elektrolokomotive samt Zug von einer vorgespannten Diesellok gezogen, kommt der Zug schon mit über 90 Minuten Verspätung in Podgorica an. Eine festgefahrene Bremse verzögert die Fahrt weiter, sie wird später an der Grenze zwischen Montenegro und Serbien komplett ausgetauscht.
Mit 140 Minuten Verspätung kommt der Zug am Abend in Belgrad an. Allerdings nicht wie geplant am Hauptbahnhof sondern in Novi Beograd, im Neubaugebiet. Nach dem Umspannen der Lok geht die Fahrt dann in die Gegenrichtung weiter. Fast drei Stunden zu spät ist der “Tara” in Belgrad am Ziel.
Warum der Zug im falschen Bahnhof in Belgrad ankommt und die große Verspätung interessieren die Fahrgäste nicht. Sie nehmen die ungeplanten Stops gelassen, nützen die Zeit für einen Plausch und rauchen am Bahnsteig eine Zigarette. Minutenreiten und Aufregung bringen auch Reisende mit westlichem Zeitgefühl nicht weit – man sollte es besser den Einheimischen gleichtun.
Reisetipps für die Belgrad – Bar Eisenbahn:
- Genügend Zeit und Umsteigezeit einplanen – große Verspätungen!
- Die Fahrkarte für die Strecke Belgrad – Podgorica kostet zB. € 19,20 und ist direkt am Bahnhof erhältlich. 15 % Ermäßigung bei der grenzüberschreitenden Fahrt mit Rail Plus (zB. mit ÖBB Vorteilscard, DB Bahncard, Halbtax).
- Fahrpläne für die internationalen Züge sind im internationalen Internet-Fahrplan z.B. von DB, ÖBB und SBB zu finden. Abfahrtsbahnhof für die Züge in Belgrad ist Beograd – Topčider, der Hauptbahnhof in Belgrad ist geschlossen. Die Station Bar als Bar(MNE) eingeben. Fahrpläne für Regionalzüge in Montenegro sind nur auf der Website der Eisenbahn Montenegros in englischer Sprache verfügbar.
- Die Gebirgsstrecke in Montenegro lässt sich auch mit dem Regionalzug erleben. So kann man z.B. am Nachmittag die attraktive Strecke bei Tageslicht erleben und dann ab Bijelo Polje mit dem Nachtzug weiter nach Belgrad reisen.
- Taschenlampe mitnehmen – in den Toiletten funktioniert die Beleuchtung häufig nicht. Kein Toilettenpapier und keine Seife vorhanden.
- Im Barwagen (“Speisewagen” wäre übertrieben) werden Getränke und Kaffee verkauft. Reiseproviant selbst mitbringen.
- Die Fenster lassen sich in vielen Waggons nicht oder nur einen kleinen Spalt zum Fotografieren öffnen.
- Raucher treffen sich im Eingangsbereich am Wagenende oder im Barwagen.
- Wichtige Tipps fürs Zugfahren in Serbien und Montenegro habe ich Dir in diesem Beitrag zusammengestellt.
Dieser Beitrag wurde erstmals am 20.11.2012 veröffentlicht und zuletzt am 31.8.2019 aktualisiert.
Alex says
Von Belgrad mit der Gebirgsbahn schnur stracks zur nächsten Bar! :D Na dann Prost, guter Andersreisender!
Animeo says
Wirklich interessante Orte die man auf der Tour sieht.
Würde ich gerne mal machen, wenn man denn die Zeit dafür findet ;P
Und sehr hilfreich, dass es sogar Tipps für die Reise im Zug gibt :)
Johannes says
Süd-Ost Europa ist für uns West-Europäer ein völlig unbekanntes Gebiet. Wir haben immer noch Vorurteile, dass es dort ziemlich gefährlich ist, was ja größtenteils gar nicht stimmt! Danke Gerhard, dass du diese Vorurteile vernichtest!!
Thomas Liedl says
Zeit und Muse muss man hier wohl zwingend mitbringen um diese Strecke zu befahren. Hierzulande kaum vorstellbar – ich könnte damit gut leben bei den Eindrücken die man serviert bekommt. Sehr schöner Bericht!
Miri says
Hallo, nachdem ich den Beitrag gelesen habe und das Video angeschaut habe, hat es mich gepackt! Steht nun auf meiner ToDo liste ;-) Vielen Dank Miri
mac says
Du stehst echt auf Züge, oder? Ich fahre nächstes Jahr mit einem besonderen Zug, und du bekommst hier einen Gastartikel davon! Versprochen!
Gruß
Matthias
Alex says
Mac, der Glacier Express?! ;)
Mac says
Nein, Alex. ;-) aber wäre möglich!
Nein, der Blue Train! Jetzt kannste mal schauen!
Alex says
Oha, der feine Herr fährt nach Südafrika?! :D
Nachgeholte Flitterwochen? ;)
Na dann bin ich ja schon einmal jetzt gespannt auf deinen Gastartikel dazu!
mac says
Wau, erwischt! ;-)
Und ja auf den kannst du auf jeden Fall gespannt sein! ;-)
Erfolgreiche Woche
Matthias
Andersreisender says
@Animeo: Bitteschön, gern geschehen!
@Johannes: Ich finde Osteuropa (auch wenn mans jetzt nicht “pauschal” nehmen kann) grundlegend nicht gefährlicher als im Westen. Wenn man sich auf ein kleines Abenteuer einlässt und ein bisschen auf Land und Leute vorbereitet ist die Reise dort hin kein Problem.
@Thomas: So entspannt ich die Sache während der Reise auch nehme – zu Hause bin ich dann doch wieder etwas mehr unter Zeitdruck. In der letzten Sekunde am Bahnhof zum Einsteigen, knapp kalkulierte Umsteigezeiten, beim Arbeiten alles zackig organisiert… Ich glaube, das gibt das Leben rund um einen herum schon vor, dass man mit dem Thema Zeit hier ganz anders umgeht.
@Miri: Na dann frisch ans Werk und von der “ToDo-Liste” in die Tat umsetzen und mit dem Zug von Belgrad nach Bar “sausen”. :-)
@Matthias und @Alex: Ah! Da brauch’ ich gar nicht weiter nachfragen – nun weiß ich Bescheid. :-) Super, dass Du so eine Hochzeitsreise machst. Da haben wir alle was davon, gerne veröffentliche ich einen Gastartikel. Wann soll es denn losgehen?
Mac says
@Andersreisender:
Da haben wir noch etwas Zeit! Ende des nächsten Jahres! ;-)
Gruß und erfolgreiche Woche
Matthias
Andersreisender says
@Matthias: Alles klar – das dauert dann noch ein bisschen. Dankeschön, Dir auch einen guten Start in die Woche! :-)
Andreas Moser says
Die schönste Zugfahrt Europas! Ich bin nur die Strecke von Podgorica nach Kolasin gefahren, aber auch das war schon wunderschön: https://mosereien.wordpress.com/2015/01/11/mit-dem-zug-durch-montenegro/ Am liebsten wäre ich ein paar Mal hin und her gefahren, nur um aus dem Fenster zu sehen. Zu teuer wäre es ja nicht.
Andersreisender says
– Andreas: Ja, die Fahrt ist absolut beeindruckend! Ein eher unbekanntes “Juwel” bei den Bahnreisen in Europa. :-)
Ernst says
Dein Reisebericht hat mich zu dieser Reise angeregt. Es wurde eine Bahnfahrt von Amstetten über Salzburg nach Zagreb – Sarajevo – Mostar und dann mit dem Bus nach Dubrovnik und weiter nach Bar. Die Strecke Bar – Belgrad war, wie in deinem Bericht beschrieben, einer der Höhepunkte. Großartige Landschaft – herrliche Ausblicke.
An alle die diese Reise auch erleben wollen, bitte dringend eine Reservierung vornehmen. Der Zug war zu 120% ausgelastet. Ohne Reservierung wirst du aus dem Abteil gebeten.
Über Belgrad, Budapest ging meine Fahrt nach Hause.
Andersreisender says
– Ernst: Ich freue mich, dass ich Dir Anregungen für diese spannende Bahnreise durch Serbien und Montenegro bieten konnte. :-) Danke für Deinen Tipp mit der Reservierung, auf der Strecke von Belgrad nach Bar bzw. umgekehrt ist offenbar gerade sehr viel los.
Rudi says
Hallo Ernst und natürlich auch all die anderen,
wir wollen Ende August von Belgrad nach Bar fahren (bis Belgrad fliegen wir). Weiß von Euch jemand wo ich bereits im Internet Tickets bestellen und eine Reservierung tätigen kann? Das ist mir weder auf der Seite der serbischen, montenegrischen Bahn, noch DB oder ÖBB gelungen.
Falls es übers Internet nicht geht: Wir sind 3 Tage in Belgrad, da sollte ja auch dort am Bahnhof noch eine Reservierung möglich sein? Wir können allerdings kein serbisch.
Danke Euch schon mal.
Grüße…
Rudi
Jens says
Hallo, ,,wir können allerdings kein serbisch“
wozu serbisch können, es gibt doch Smartphons und Übersetzer bzw daheim vorbereiten und ausdrucken. Ich bin schon ohne Fremdsprachen durch Asien geträmmt.
Im März geht es nach Sofia, Palästina und Montenegro. Grüssle aus dem Badner Land Jens.
Andersreisender says
– Jens: Natürlich kann man ohne Kenntnis der Landessprache auch reisen. Ich mache das auch immer wieder – “mit Händen und Füßen” und etwas Vorbereitung kommt man auch ganz gut weiter. Die Übersetzer finde ich aber eher krampfig, bei manchen Sprachen funktionieren sie überhaupt nicht recht. Erst gestern hat mir wieder jemand ein Smartphone mit Übersetzung unter die Nase gehalten und ich dachte nur “was willst Du mir damit sagen?”. Viel Spaß bei der Reiseplanung für Serbien und Montenegro & allzeit gute Reise! :-)
jens says
Hallo, du hast recht mit den Übersetzer, es ist eine schlechte Lösung, weil die Gramatik nicht stimmt. Es ist nur eine kleine Hilfe. Bis jetzt hat er immer weiter geholfen. Grüssle Lens.
Ps. über ein Eintrag in mein Gästebuch freue ich mich.
Andersreisender says
Ich freue mich, dass der Übersetzer beim Reisen immer gut weitergeholfen hat. Man darf sich halt nicht zu viel erwarten. Kennst Du übrigens das “OhneWörterBuch“? Damit hatte ich auch schon meinen Spaß. :-)
Gérard Le Voyageur says
Wenn die ehemaligen SNCF-Schlafwagen nicht mal Papier haben, musst du eben vorher in Beograd dein Geschäft erledigen. Ich hatte diese wunderbare Fahrt zwischen Beograd und Sutomare (dann Bus oder Taxi* nach Budva der Küste entlang) im Oktober 2010 erleben dürfen.
*Fahrpreis vor der Fahrt anfragen
Vivien Lenzen says
Hey und guten Morgen, bin gerade auf deinen Blog gestoßen und hab auch gleich den Link für die internationalen Züge genutzt, da ich am 17./18. April gerne mit der tollen Gebirgsbahn von Belgrad nach Podgorica reisen wollen würde. Könntest du mir kurz aushelfen, was es mit Belgrad TOPCIDER/CENTAR auf sich hat? Wenn ich meine Daten eingebe, kriege ich nämlich nur für TOPCIDER etwas angezeigt und angezeigt werden auch “intercity” und “fast”. Für deine Hilfe vielen Dank im Voraus.
Liebe Grüße
Vivien
Andersreisender says
Top?ider und Centar sind Bahnhöfe in Belgrad. Laut Fahrplanrecherche fahren die Züge von Belgrad nach Montenegro aktuell und zu Deinem Reisezeitpunkt nur ab Topcider bzw. Rakovica, einem Vorort von Belgrad. Belgrad Hauptbahnhof und Novi Beograd werden nicht angefahren.
Georg says
Hallo,
ich möchte im Sommer von Frankfurt nach Albanien fahren … und vielleicht in Richtung Heimat von Bar nach Belgrad. Die Kommentare hören sich toll an. Kann mir jemand sagen, ob ich bei dieser Bahnfahrt mein Fahrrad mitnehmen kann?
Georg
Momo says
Hallo, kann es sein, dass die Strecke aktuell renoviert wird? Wollte mich Anfang September ins Abenteuer stürzen, finde aber nirgends aktuelle Verbindungen, dafür zb diesen Artikel:
https://www.ekapija.com/de/news/2200963/wiederaufbau-der-bahnstrecke-belgrad-bar-beginnt-2019-realistischer-fertigstellungstermin-2021
Vielleicht weisst du mehr dazu?
Andersreisender says
– Momo: Aktuell fahren zwei Züge pro Tag zwischen Belgrad und Bar. Möglicherweise hast Du den falschen Abfahrtsbahnhof eingegeben? Aktuell fahren Züge von Belgrade-Topcider nach Bar. Probier’s mal auf der Website der Eisenbahn Montenegros http://www.zcg-prevoz.me – dort solltest Du ein Ergebnis erhalten.
Eva Seebacher says
Wir sind im September von Bar nach Belgrad-Topcider gefahren und hatten trotz Schienenersatzverkehr ab der vorletzten Station nur eine halbe Stunde Verspätung.
Abfahrten Bar: 9.00 Uhr (Ankunft Belgrad -Topcider 20.05) und 19.00 Uhr (Ankunft Belgrad-Topcider 6.15)
Abfahrten Belgrad Topcider: 9.00 (Ankunft Bar 19.56) und 21.10 Uhr (Ankunft Bar 8.08)
Eva Seebacher says
PS: Von Belgrad-Topcider fahren (lt. September 2019- Fahrplan) die Züge nach Bar, Sofia, Thessaloniki und Nis ab.
Von Belgrad Centar diejenigen nach Valjevo, Nis, Vrsac, Uzice, Sid, Schwarzach-St. Veit (Zürich Hbf), Prijepolje Teretna, Lapovo und Ljubljana.
Marcus Strand says
Hallo beisammen,
weiß jemand ob der Zug im Moment fährt? Nacht und auch Tag? immernoch von Topcider?
Vielen Dank
Marcus