In Österreich werden heimelige Ecken gerne “Winkel” genannt. Der Seewinkel ist also das Eck’ östlich vom See. Dem Neusiedler See.
Die erste Etappe meiner Drahtesel-Tour durchs Burgenland führt mich von Andau nach Apetlon. Also auf der Karte von ganz rechts unten im Winkel bis zum Schilfgürtel am Neusiedler See.
Je nach gewählter Route ist die Strecke mindestens 20 Kilometer lang und kann als gemütliche Halbtagestour gefahren werden. Das Land ist hier Flach, “bretteleben” würden die Österreicher sagen.
Viele Güterwege zwischen den Feldern und Weingärten sind gut ausgebaut, darum kann auch spontan die Route geändert werden und muss sich nicht erst vorab eine Strecke festlegen.
Aus der hektischen Großstadt angekommen, geht einem hier erst einmal etwas ab: Aha… der Lärm fehlt. Besonders beeindruckend finde ich die Ruhe, die man hier findet. Erst macht der fehlende Geräuschpegel fast ein wenig hibbelig, aber ich habe mich bald daran gewöhnt.
Ruhe und Weite
Plötzlich ist hier Platz – es fehlt das in der Stadt gewohnte Gedränge. Ich bin überrascht, dass ich außerhalb der Dörfer sehr wenigen Menschen begegne. Vereinzelte Radfahrer suchen ihren Weg durch die Weingärten und manchen finden genauso wie ich den tiefsten gemessenen Punkt Österreichs.
Als ich gerade die Weinreben im Weingarten näher inspizieren möchte raschelt es neben mir im Gebüsch. Ein braunes Fellknäuel saust aufgeschreckt über die Straße und hinaus aufs Stoppelfeld.
“Mist, wieder zu langsam” grummle ich vor mich hin, während ich meine Kamera aus dem Rucksack wurschtle.
Kein Wunder, dass es das Langohr so eilig hat, sitzt doch eine hübsche Häsin ganz alleine auf dem Feld. ;-)
Aber auch andere Wildtiere flitzen schneller über den Radweg als mir lieb ist. Ich nehm’s sportlich, als ich vom Rad steige und die Kamera wieder aus ihre Verpackung pelle: Ein schöner Rehrücken kann auch entzücken.
Sitzt man einige Zeit still auf den zahlreichen Beobachtungstürmen können die Wildtiere und Seevögel bestimmt ganz aus der Nähe beobachtet werden. Einige Beobachtungstürme der Grenzsoldaten wurden in Aussichtsplattformen umgebaut.
Bei den hohen Metalltürmen wird schon der Aufstieg zum Erlebnis. Oben angekommen freue ich mich über den Blick auf Tiere, die endlich einmal nicht weglaufen bevor ich noch ein Foto schießen kann.
Rinder, Rinder, Rinder – so weit das Auge reicht. Die schwarzen Tiere scheinen genügend Platz zum Grasen zu haben in der schier endlos erscheinenden Pannonischen Tiefebene.
Beim Blick durchs Fernrohr entdecke ich – in der Ferne – auch graue Tiere. Die sind nun doch etwas zu weit entfernt um sie von hier genauer zu inspizieren. Schnell auf’s Radl und nahe genug ran. Gottseidank führt ein Radweg hin.
Die Herde mit den Grauen Steppenrindern im Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel beeindrucken mich. Sie sind eine alte pannonische Haustierrasse, auch wenn sie mit ihren Hörnern doch sehr wild aussehen.
Die kräftigen Rinder wurden für die Arbeit auf den Gutshöfen eingesetzt. Heute ist das Fleisch eine besondere Spezialität im Burgenland.
Übrigens: Von einer alkoholischen Spezialität wurde ich vorhin vom Haserl, das zu seiner Häsin wollte, abgelenkt. Nämlich vom Wein. Der gedeiht hier im Seewinkel hervorragend.
Einmal mit dem Fahrrad an einem Rebstock stehen zu bleiben, Weintrauben abzuzupfen und in den Mund zu stecken lohnt sich jetzt im Juli allerdings noch nicht. Das wird ein saures Vergnügen, die Trauben brauchen noch ein paar Wochen Zeit zum Reifen.
Wein beim Heurigen
Den vergorenen Saft aus den Weingärten der Umgebung gibt es beim Heurigen zu kosten. So nennt man das Lokal, in denen der Winzer seinen Wein und die eigenen Produkte direkt verkauft.
Heute ist der Begriff “Heuriger” leider schon ziemlich verwässert und es finden sich auch viele zugekaufte Speisen und Getränke, bis hin zum Bier, auf der Speisekarte.
Ich bin in Apetlon angekommen und zum gemütlichen Ausklang des Tages gehört auch für mich ein Abend beim Heurigen.
Übrigens: Ein guter Weinhauer – wie der Winzer in Österreich genannt wird – freut sich über seinen Wein zu erzählen. Und wer weiß: Vielleicht ist man ja am Weinstock vorbeigeradelt, von dem man jetzt in einem gemütlichen Winkel eines heurigen ein Achterl vor sich stehen hat.
Die Erfahrungen, Tipps und Hintergrundinformationen in diesem Beitrag wurden im Rahmen einer individuellen Pressereise auf Einladung von Burgenland Tourismus recherchiert. Wie immer bleibt meine Meinung in der Berichterstattung davon unberührt.
Kathrin says
Das Burgenland hat wohl auch seine Reize. Wir waren erst vor kurzem mal dort und haben uns zwei Burgen angeschaut. Vielen Dank für die E-Mail bin leider noch nicht dazu gekommen zu antworten, werde ich aber nachholen.
lg kathrin
Alex says
Klasse Natur, schöne Aufnahmen und wunderbare Kühe, wow!
Viel Spaß im Burgenland und sogar am tiefsten Punkt Eures Landes warst du bereits. Na dann weiterhin gute Reise auf dem Drahtesel.
Alex
Andersreisender says
@Kathrin: Auf der Radtour sehe ich das Burgenland von einer ganz anderen Seite. Beim Autofahren “fliegt” irgendwie alles viel zu schnell vorbei. Wie Du richtig sagt: Das Burgenland spielt mit seinen Reizen. ;-)
@Alex: Dankeschön! Ich bin am Weg weiter in den Süden. :-)
Inselbewohnerin says
Hallo Gerhard,
mal wieder ein toller Bericht. Sieht wirklich sehr schön aus die Landschaft. Da ich aber von der Insel Baltrum komme, habe ich genug Flachland und möchte – wenn ich in Österreich bin – lieber in die Höhe. :-D
Wo bist du denn jetzt im Moment unterwegs?
Danke für den netten Bericht und die schönen Bilder. Du versüßt mir regelmäßig den grauen Büroalltag.
Liebe Grüße von Baltrum
Julia
Andersreisender says
@Julia: Ich finde die Mischung in Österreich ideal: Von absolut flach bis zu den Steilwänden in den Bergen hat man eigentlich alle Landschaftsformen. :-)
Leider bin ich nach einer tollen Woche schon wieder am Rückweg aus dem Burgenland Richtung Salzburg.
Liebe Grüße in den Norden!