Roy Black trällerte schon in den 1970er Jahren mit süßer Stimme von den Träumen einer Frau. Denn was gibt es schöneres, als im Hochzeitskleid zu heiraten – “Ganz in Weiß mit einem Blumenstrauß”. Dass chinesische Brautpaare diesen Schlager kennen bezweifle ich. Trotzdem ist es auch in China mittlerweile populär geworden, zur Hochzeit in ein weißes Hochzeitskleid zu schlüpfen.
Das weiße Brautkleid
Das weiße Brautkleid symbolisiert in Mitteleuropa die Unschuld der Braut. Die Farbe Weiß drückt auch die Freude aus. Anders in China: Hier steht die Farbe weiß unter andrem für Alter, Herbst und Hinterlist und in cremefarbigen Ton für Trauer.
Ein weißes Brautkleid muss sein
Doch anscheinend spielt die Symbolik der Farbe für die frisch verheirateten Paare keine Rolle. In der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao boomt der Markt mit den weißen, festlichen Kleidern. Immerhin wollen die Damen auch ein schönes Hochzeitsfoto “im westlichen Stil” als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Mit oder ohne Gemahl ist nicht so wichtig – Hauptsache das Kleid ist am Foto zu sehen.
Posieren vor der Kirche
Auch wenn die wenigsten Chinesen Christen sind – eine Kirche gehört zur Hochzeit in Weiß dazu. Zumindest so, dass man vor ihr posiert. In Qingdao bietet die katholische St.-Michaels-Kirche aus dem Jahre 1934 einen eindrucksvollen Hintergrund für ein Hochzeitsfoto.
Festliche Feier in der Kirche?
Wer nun denkt, dass im weißen Hochzeitskleid eine festliche Messe oder Hochzeitsfeier in der Kirche stattfindet hat sich schwer getäuscht. Auch Hochzeitsgäste sind keine anwesend. Wozu auch? Wir wollen doch nur ein schönes Hochzeitsfoto im “westlichen” Brautkleid. Den restlichen “Schnickschnack” können wir getrost weglassen.
Da spielt es auch keine Rolle, wenn sich die Brautpaare beim Fotoshooting fast gegenseitig aufs Brautkleid steigen.
Und nicht vergessen: Es geht ausschließlich ums Foto. Das Kleid ist lang genug, um die Beine zu verstecken. Passende Schuhe sind da zum geliehenen Brautkleid nur unnötiger Luxus.
Und überhaupt ist man hier fürs Fotoshooting nur “dressed for the moment”. Die Warteschlange für Hochzeitspaare, die fotografiert werden wollen, ist lang. Wenige Meter von der Kirche entfernt werden die nächsten Kandidatinnen geschminkt und frisiert.
In dem ganzen Wirbel fallen die frisch gebackenen Ehemänner übrigens kaum auf. Hier dreht sich fast alles um die Braut.
Ähnliche Szenen spielen sich auch am Strand Nr. 2 ab. In der Abendsonne werden die Erinnerungsfotos vom “schönsten Tag im Leben” geschossen. Dort konnte ich auch Hochzeitskleider in anderen Farben beobachten. Turnschuhe hatten aber die meisten Damen an…
Sven says
Hah, das ist ja der Kracher. Obwohl ich es schon einwenig traurig finde, wie da dem “Westen” hinterhergegeifert wird… Ts, ts, ts.
Aber hey, die Turnschuhe reissen es echt wieder raus. ;-)
Was es nicht alles gibt.
Grüße
Sven
h.rogra says
ein klasse bericht!
Andersreisender says
@Sven: Ich finde auch: Die Turnschuhe sind einfach der Hit. Wertet das Hochzeitsbild ungemein auf – auch wenn man sie darauf nicht sieht *gg*
@h.rogra: Dankeschön :-)
Franz Miller says
Heftig, was manche Menschen für Strapazen auf sich nehmen, nur, um vor einem bestimmten Gebäude fotografiert zu werden. Müsste ich dort so lang warten, hätte ich mich wohl eher für mein bequemes Kleid entschieden, das ich auch beim Standesamt getragen habe. Mit meinem schweren Brautkleid wäre ich ja wahnsinnig geworden.