Neubaustrecke Leipzig/Halle – Erfurt: Ab Dezember schneller am Ziel

Mit dem Fahrplanwechsel Mitte Dezember gibt es einige Neuerungen beim Bahnverkehr. Diesmal werden manche Bahnverbindungen in Deutschland schneller und Städte wie z.B. Leipzig und Frankfurt am Main rücken näher zusammen.

Grund ist die Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsstrecke Erfurt – Leipzig bzw. Erfurt – Halle. Bei einer Probefahrt auf der nagelneuen Bahnstrecke habe ich dem Lokführer über die Schulter geschaut und interessante Details für Bahnreisende erfahren.

Langsam rollt der ICE T gegen 16 Uhr aus dem Bahnhof Leipzig und schlängelt sich durch das scheinbare Gewirr an Gleisen. Eine Hand voll geladene Fahrgäste warten gespannt auf die Probefahrt über die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Erfurt. Als VDE 8.2 wird die neue Verbindung vorgestellt, VDE steht für Verkehrsprojekt Deutsche Einheit. Stück für Stück wird die Bahnverbindung zwischen München und Berlin ausgebaut.

Frankfurt – Leipzig in rund 3 Stunden

Ein Herzstück dieses Großprojekts ist der Abschnitt zwischen Erfurt und Leipzig bzw. Halle an der Saale. Hier überschneiden sich mehrere ICE-Linien. Von Erfurt nach Leipzig beträgt die Fahrzeit für fahrplanmäßige Züge zukünftig nur noch ca. 42 Minuten. Ab dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2015 fahren die ICE-Züge auf dieser Strecke von Frankfurt am Main über Leipzig nach Dresden. Erst mit 230 km/h und dann ab Dezember 2017 sogar bis zu 300 Stundenkilometer schnell. Von Frankfurt nach Leipzig dauert die Bahnfahrt dann nur noch rund drei Stunden.

Vier weitere Zugpaare verbinden Frankfurt über Erfurt, Halle und Berlin in rund 3 Stunden 50 Minuten auf der neuen ICE Linie 15.

Statt auf die neue Strecke zu fahren schwenkt der Zug bei meiner Probefahrt auf die Bestandsstrecke ein. Ein Teil der Strecke über den Flughafen Leipzig/Halle ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Bei Probefahrten wird selten in einem Stück mit Höchstgeschwindigkeit durchfahren. Viel mehr dienen die Testfahrten um verschiedene Szenarien durchzuspielen und das Zusammenspiel zwischen Lokführer und Fahrdienstleitung zu erproben.

Probefahrt in den Sonnenuntrang

Manchmal scheint sich bei dieser „Sunset Tour“ das Gleis im roten Lichtball zu verlieren. Du kannst die Probefahrt dem Sonnenuntergang entgegen miterleben. Klicke auf das Video und fahre am Führerstand des ICE T Probezugs von Leipzig nach Erfurt. Die Timelapse (Zeitraffer) Abschnitte zeigen die 8fache Geschwindigkeit.

Das Video komplett in Original-Geschwindigkeit findest Du hier.

Dann fährt der ICE beim Knoten Gröbers endlich auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke. Obwohl er beschleunigt verringern sich die Vibrationen im Fahrzeug. Die neue Strecke ist als feste Fahrbahn gebaut, das Schotterbett hat hier ausgedient. Auch Signale sind bei der modernen ETCS Zugbeeinflussungstechnik überflüssig. Der Treibfahrzeugsführer bekommt alle Streckendaten auf einem Monitor zur Verfügung gestellt.

230 km/h sind auf der Anzeige zu sehen, für unseren ICE T ist das die Höchstgeschwindigkeit. Für eine Probefahrt ist das auch genug, denn das Auge kann kann kaum den vermittelten Informationen während der Fahrt folgen. Von den drei Tunnel zwischen Leipzig und Erfurt sind der Finnen- und Bibratunnel mit über 6 Kilometer die längsten. Bei 230 km/h erfahre ich, dass die einröhrigen Tunnel alle 500 Meter mit einem Querstollen verbunden sind, und schon sind wir aus dem der Röhre wieder draußen.

Dann führt die Fahrt raus auf die nächste Brücke, durch den Überholbahnhof und durch das Haubenbauwerk in den nächsten Tunnel hinein. Die neue Bauweise des Tunnelportals funktioniert bei sehr hohen Geschwindigkeiten als Schalldämpfer beim Tunnelein- und ausgang.

Dann überquert unser Zug die Gänsebachtalbrücke. Warum sie in der Umgebung schon den Spitznamen “Wäscheklammernbrücke” trägt sehen Bahnreisende nicht. Das besondere Design können nur die Menschen im Tal sehen.

Ab 2017 München – Berlin in 4 Stunden

Die Strecke von Leipzig bzw. Halle/Saale bis Erfurt ist nur ein Teilstück des Projekts VDE 8. An vielen Streckenabschnitten wird gebaut. Manche werden ausgebaut andere Bahntrassen werden neu errichtet. Das ehrgeizige Ziel: Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2017 sollen die ICE Sprinter Züge in rund vier Stunden von München nach Berlin fahren.

Das sind über zwei Stunden weniger Fahrzeit als derzeit. Die Züge fahren dann nicht mehr durch den Thüringer Wald sondern auch über die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Erfurt und Halle. Ab Mitte Januar 2016 können Bahnreisende zwischen München und Berlin auf der neuen Bahnstrecke im wahrsten Sinne des Wortes schon einmal Probefahren. Dann werden die Züge für einige Wochen vorübergehend über Erfurt umgeleitet.

Erfurt – Leipzig um 30 Minuten schneller

Die Sonne ist hinter dem Horizont verschwunden und blendet auch nicht mehr den Triebfahrzeugsführer. Das hätte sie sowieso nicht mehr lange getan, denn wir fahren nach ca. 45 Minuten in den Bahnhof Erfurt ein.

Wenige Minuten später führt die Probefahrt im ICE von dort über die Hochgeschwindigkeitsstrecke zurück und und weiter nach Halle an der Saale.

Ein paar Wochen müssen sich die Bahnreisenden noch gedulden, dann wird die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke offiziell eröffnet. Ab dem Fahrplanwechsel sind sie dann zwischen Erfurt und Leipzig 30 Minuten und zwischen Erfurt und Halle/Saale 35 Minuten schneller unterwegs.

Die Erfahrungen, Tipps und Hintergrundinformationen in diesem Beitrag wurden im Rahmen einer individuellen Presse-Problefahrt auf Einladung der Deutschen Bahn recherchiert. Wie immer bleibt meine Meinung in der Berichterstattung davon unberührt.