Einfach nur ein Land zu bereisen und die Sehenswürdigkeiten abzuklappern wäre für mich etwas zu wenig. Ich mag es, etwas mehr über Land und Leute zu erfahren. Wie “ticken” zB. Chinesen? Lächeln Chinesen tatsächlich immer? Welche Prägungen und welche Geschichte stecken hinter den Verhaltensmustern, die die Menschen in diesem Land an den Tag legen. Und letzten Endes: Welche Vorurteile und Klischees können bestätigt werden und was ist einfach nur falsch?
Inhalt:
Kulturschock China
Als kleine Reisevorbereitung auf eine Chinareise kann ich das Buch Kulturschock VR China/Taiwan* von Hanne Chen sehr empfehlen. Natürlich lohnt es auch das Buch über China erst dann zu lesen, wenn man bereits in China ist. Ich habe es im voll besetzten Nachtzug von Qingdao nach Xi’an gelesen. 59 Chinesen und 1 Österreicher im Waggon – da konnte ich gleich überprüfen, wie zutreffend die Schilderungen im Kulturschock-Buch nun tatsächlich sind. ;-)
Gutes Buch zur Reisevorbereitung
Die Autorin Hanne Chen beleuchtet in diesem Buch auf spannende und unterhaltsame Weise die chinesische Kultur aus unterschiedlicher Sicht. Die Frage “Warum sind Chinesen so wie sie wirklich sind?” kann am besten mit den geschichtlichen Ereignissen in diesem Land beantwortet werden. Eine kurze, dunkle Phase der versuchten Demokratie, Krieg, japanische Besatzung, Kommunismus, Kulturrevolution und eine zunehmende wirtschaftliche Öffnung seit den 1980er Jahren bestimmten die Geschichte Chinas in den vergangenen 150 Jahren. Das Buch stellt die wichtigsten historische Entwicklung und die Folgen für die Bevölkerung dar.
Frauen in China
Besonders schockiert bin ich über die Schilderungen zur Rolle der Frau in China in der Vergangenheit und heute. Ein Mädchen aufzuziehen war für die Familie so viel wert wie “verschüttete Milch”, denn sobald die junge Frau heiratete gehörte sie der Familie ihres Mannes an. Mussten die Mädchen erst in der Familie gehorsam sein, war sie dann dem Mann und seiner Familie verpflichtet.
Für viele Familien war es daher untragbar ein Mädchen auf die Welt zu bringen. Sie wurden häufig gleich nach der Geburt getötet. Die massive Durchsetzung der Ein-Kind-Politik in China hat in jüngerer Vergangenheit wieder häufiger – vor allem am Land – zu Kindstötungen geführt. Wegen der vielen Abtreibungen wurde 1997 die Verwendung von Ultraschall-Geräten in China verboten.
Als eine der Folgen hat China heute einen Männer-Überschuss von 50 Millionen, für das 21. Jahrhundert wird mit der doppelten Zahl gerechnet (vgl. S 150*). Die chinesischen Frauen emanzipieren sich langsam. Weniger ist es ein direkter Emanzipationskampf der Frauen als eine langsame Entwicklung parallel zur Geschichte.
Familienleben & Zusammenleben
Gottseidank gibt es im Buch nicht nur “harten Tobak” über Geschichte und Unterdrückung zu lesen. “Kulturschock China” bietet auch einen spannenden Einblick ins Familienleben und seine Feste. Wie funktioniert das soziale Gefüge in China? Persönliche beziehungen spielen hier eine außerordentlich wichtige Rolle. Chinesen in Taiwan und Festland-China leben in engmaschigen Netzwerken. Und trotzdem – so scheint es dann verblüffend – sind einander Unbekannte in der Öffentlichkeit ziemlich gleichgültig. Dieses Verhalten kann man auf einer Taiwan- oder Chinareise auch gut auf der Straße beobachtet.
Fremde in China
Außerdem ein interessantes Kapitel, vor allem für Touristen: Wie verhalten sich Chinesen gegenüber Ausländern? Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Chinesen “immer nur lächeln”. Ist das wirklich so? Oder drückt das Lächeln gegenüber dem Touristen doch manchmal Unsicherheit aus. Oder ist es einfach nur eine Notwendigkeit, um seine Waren an den “Touristen” zu bringen?
Das Verhalten gegenüber Fremden ist in China sehr unterschiedlich. In den größeren Städten ist die chinesische Bevölkerung den Anblick von Langnasen schon eher gewöhnt. In großen Städte wie Peking oder Shanghai fällt man als Tourist im Zentrum nicht mehr weiter auf. Am Land kann die Freundlichkeit gegenüber Ausländern aber schnell in eine Abwehrreaktion umschlagen. Oder der Tourist wird hemmungslos angestarrt, als wäre er ein Alien.
Jedenfalls werden ausländische Touristen um einiges höflicher behandelt, als es die Chinesen im öffentlichen Raum untereinander tun. Dort bestimmt ein eher rauer Ton den Alltag. Das gilt zumindest solange der Ausländer nur Tourist ist, denn möchte er in China für längere Zeit bleiben, dann sieht die Situation schon wieder ganz anders aus…
Alltag in China
Reisende werden mit Sprache und Schrift und vielen alltägliche Gewohnheiten der Chinesen konfrontiert. Das Kulturschock-Buch bietet auch hier einen guten Einblick in die chinesische Kultur. Besonders darf man sich über das Kapitel mit der kleinen kulinarischen Einführung in die chinesische Küche freuen. Eine perfekte Einstimmung, um sich auf eine China-Reise zu freuen.
Fazit
Das Buch “Kulturschock China/Taiwan” aus der Kulturschock-Reihe des Reise Know-How Verlags hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es liest sich flüssig und die Autorin Hanne Chen bietet spannende Einblicke in Geschichte und Alltagskultur in China.
Man sollte “Kulturschock China” aber keinesfalls als Ersatz für einen China-Reiseführer verstehen. Viel mehr bietet das Buch einen guten Erstkontakt mit der fremden Kultur. Nach dem Lesen dieses Buches kann man China und seine Bevölkerung etwas besser verstehen und deren Verhalten nachvollziehen. Außerdem schärft es den kritischen Blick aufs Alltagsgeschehen.
Das Buch ist auch als Hörbucher erhältlich. Sowohl Buch als auch das Hörbuch* kann man einfach bei Amazon bestellen*.
Bibliographische Angaben zum Buch:
Chen, Hanne
KulturSchock China*
7. Auflage 2006
ISBN-10: 3-8317-1075-0
ISBN-13: 978-3-8317-1075-1
Erschienen im Reise Know-How Verlag Peter Rump GmbH., Bielefeld
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