Innerhalb des Schengen-Raums gehören aufwändige Grenzkontrollen der Vergangenheit an. Am 1. April 1998 wurden die Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland und Italien aufgehoben.
Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien wurden am 21. Dezember 2007 Teil des Schengen-Raumes und zuletzt fielen die Kontrollen auch nach Liechtenstein und in die Schweiz weg.
Innerhalb der Schengen-Binnengrenzen darf die Grenze an jeder beliebigen Stelle passiert werden, vorausgesetzt ein Personalausweis oder Reisepass sind im Reisegepäck mit dabei. Dem grenzenlosen Radvergnügen sollte damit nichts im Wege stehen.
Inhalt:
Leben im Grenzgebiet
Für mich und die meisten Menschen, die im Großraum Salzburg leben, gehört der tägliche Grenzübertritt zum Alltag. In meiner Umgebung ist die Grenze zwischen Österreich und Deutschland kaum noch wahrnehmbar.
Gelegentlich weist ein verblichenes Schild am Wegrand auf die nahe Staatsgrenze hin. Ein Schild ohne Bedeutung. Dem Nachbarschaftsbesuch “herüben” und “drüben” steht beim Radfahren nichts im Wege.
Zäune im gemeinsamen Europa
Das unkomplizierte “über die Grenze radeln” ist in Europa noch nicht in allen Regionen uneingeschränkt möglich. Zwischen Italien und Slowenien endet das grenzenlose Radvergnügen mit einer Vollbremsung am Metallzaun.
Die ehemalige österreichische Stadt Görz ist seit 1947 geteilt. Seit Ende 2007 brausen wieder die Autos zwischen Gorizia in Italien und Nova Gorica in Slowenien ohne Kontrolle ins jeweils andere Land. Die Radwege wurden bis heute nicht verbunden und Pedalritter müssen auf die Straße ausweichen.
Der nächste Durchschlupf durch den Grenzzaun befindet sich am Platz vor dem Bahnhof. Dort hin führen parallel zwei Straßen – eine auf italienischer und eine auf slowenischer Seite. Wer denkt, auf einem gemeinsamen Platz ins jeweils andere Land wechseln zu können, hat Pech gehabt.
Radfahrer und Motorräder schlängeln sich hier durch die Betontröge mit verdörrten Blumenresten. Autofahrer haben die Grenzlinie als Parkplatz entdeckt. Beiderseits des Grenzsteins wirken die Gedenktafeln sowie der Name “Europaplatz” wie Lippenbekenntnisse einer nicht gewollten Annäherung der beiden Länder.
Grenzenloses Radfahren in Österreich und Ungarn
Keine Zäune versperren dem Radfahrer entlang der Österreichisch-Ungarischen Grenze den Weg. Auf Wiesen und in Wäldern kann die Grenzen überschritten werden. Wegen des wechselhaften Grenzverlaufs, vor allem im Mittel- und Südburgenland, bietet sich eine Radtour durch beide Länder an.
Zahlreiche Verbindungswege abseits der offiziellen Grenzübergänge wurden nach dem Schengen-Beitritt Ungarns wieder reaktiviert. Sehr zur Freude der Radfahrer, sofern sie von den Nebenstraßen wissen. Denn in den Radkarten sind viele dieser Wege noch als Sackgasse eingezeichnet oder überhaupt nicht verzeichnet.
Umgekehrt sind in den Karten Radwege auf Strecken markiert, auf denen das Radfahren verboten ist. So stand ich auf meiner Radtour in Ungarn am B10 “Neusieder See Radweg” in Sopron oder am B57, “Grenzüberschreitender Radwanderweg Weinidylle” vor Fahrverbots-Schildern für Fuhrwerke, Traktoren und Radfahrer.
Wegen der fehlenden Beschilderung bei Nagynarda stellte ich erst nach einer verbotenen Radfahrt über die Fernverkehrsstraße bis zur nächsten Ausfahrt fest, dass weiter südlich doch ein Radweg verläuft.
In der Grenzregion ist vieles im Umbruch. Sowohl in Österreich als auch in Ungarn werden neue Radwege gebaut und das vermutlich schneller, als die Radkarten überhaupt abgeändert und nachgedruckt werden können.
“Alles hat seine Grenzen”
Das grenzüberschreitende Radwandern wird in Österreich und Ungarn in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Damit ist in der Grenzregion aber nicht jeder einverstanden. Bewohner erzählten mir, dass neue Verbindungen zum Nachbarn auch boykottiert werden.
Zum neuen ungarischen Radweg fehlen in der Nähe von Pamhagen im Seewinkel die letzten asphaltierten Anschluss-Meter. Angeblich habe man mit der Vollendung keine Eile, da die angrenzende Ortschaft um ihre Gäste bangt. Die Lücke solle die Urlauber vom Abzweigen ins Nachbarland abhalten. Ob’s wirklich stimmt?
Wie man am ausgetretenen Trampelpfad sieht lassen sich Radfahrer durch wenige Meter Matsch nicht vom Weg abbringen. Abgesehen davon können am neuen Radweg nun auch Gäste aus Ungarn leichter ins Burgenland gelangen.
Kuriositäten
Bestimmt gibt es auch an vielen anderen Orten Kuriositäten, die das grenzenlose Radwandern erschweren. Manchmal entkommt beim Anblick ein lautes Lachen oder es folgt ein verständnisloses Kopfschütteln.
Hast Du auch schon “Grenzerfahrungen” dieser Art gemacht?
kathrin says
Oje, wenn man auf Reisen ist, erlebt man schon so einiges. Wir hatten mal ein Erlebnis in der Ukraine. Wir wollten von dort nach Rumänien weiterfahren, aber die Grenze war dicht. Wir mussten dann über Ungarn ausweichen.
LG Kathrin
Ps: wieder im Lande?
Christina says
Wenn man nur 10km von der deutschen und schweizer Grenze entfernt wohnt ist das wohl “Tagesgeschäft”. :-)
Früher war das (mein Opa erzählte) immer noch eine ziemlich spannende Sache als man Saccharin und andere Sachen über die Grenze geschmuggelt hat. Auch noch vor 10 Jahren hat man gerne Computerspiele mit dem Fahrrad über “grüne Grenzen” gefahren, weil es in der Schweiz einfach günstiger war. ;-)
Heute gehe ich höchsten noch nach Deutschland um Shampoo und Duschgel zu kaufen, das ist dort einfach viel billiger als bei uns. ^_^
Liebe Grüße
Christina
Bauer says
Das es diese Grenzen in einem einigen Europa noch gibt, ist doch unverständlich. Ich habe mal eine schöne Grenzerfahrung in Großbritanien gemacht. Trotz Jahrhunderte langer Uneinigkeiten (Kriegen) zwischen England und Schottland, gibt es hier am Straßenrand einfach nur einen Findling als Grenze, auf dem steht “Willkommen in Schottland” ;-)
Eva says
Ziemlich lustige Fotos sind das! Hier im Bayern passiert sowas natürlch nicht ;)
Andersreisender says
@Kathrin: Nach meinen Erfahrungen sind in den Nachfolgestaaten der UdssR die Grenzübergänge nach wie vor sehr spärlich gesät. Wenn dann eine dieser Grenzübertrittsstellen dann noch dazu gesperrt ist heißt es lange Wege in Kauf nehmen. :-( Ja, bin wieder im Lande und täglich auf “kurzen Touren” unterwegs.
@Christina: Die Schmuggel-Geschichten kenne ich auch von den Salzburgern. Ich lebte zu dieser Zeit noch nicht im Grenzgebiet, aber das muss ein richtiger Sport gewesen sein. Wobei Schmuggel-Geschichten kenne ich auch zwischen Ungarn und Österreich.
@Bauer: In Großbritannien soll das ja wirklich was heißen, vor allem wenn man “live” miterlebt hat, dass Schotten und Engländer ziemlich “Spinne Feind” sind.
@Eva: Hmm… in Bayern hab ich leider nicht immer meinen Fotoapparat zum Dokumentieren bei der Hand. *fg*
Paul says
Schon krass, dass es sowas heutzutage in Europa noch gibt und wie sehr man hier schon anders fühlt. Mittlerweile ist man schon so sehr gewöhnt ohne jegliche Probleme über die Grenze zu kommen, dass ein solcher Bericht schon leicht schockiert, hehe.
Uwe says
Tolle Bilder von teilweise recht skurilen “Grenzerfahrungen”. Wir wohnen in der Nähe zu Frankreich und es ist einfach immer wieder eine Freude zu sehen, dass aus dem alten Grenzübergang nun ein kleines Café geworden ist.
Berlin Blog says
Toller Bericht! Finde es gut, das diese Grenzbarrieren weg sind. Jetzt fehlen nur noch die Verbindungen!;o) Hier in Berlin, gibt es den Mauerradweg, welcher 160 km lang ist, dort gibt es z.B. dicht bebaute Gegenden mit alten Häusern, wo man sich absolut nicht vorstellen, das hier die Mauer stand!