Wer in Kuba mit dem Zug fahren möchte muss viel Zeit und Geduld mitbringen. Um die Eisenbahn in seine Reisepläne einzubinden sollte man abenteuerlustig sein. Verspätungen stehen an der Tagesordnung und so mancher Fahrplan – wenn überhaupt vorhanden – scheint eher ein Ziergegenstand im Bahnhof als ernsthaft verbindlich zu sein. Noch dazu, wo die angezeigten Fahrzeiten von Bahnhof zu Bahnhof etwas abweichen.
Als Neuankömmling in Kuba bin ich zuerst noch motiviert. Matanzas bietet mit zwei Personenbahnhöfen eigentlich eine gute Auswahl an Bahnreisemöglichkeiten, möchte man meinen. Der Hershey Train, die einzige elektrifizierte Bahnstrecke Kubas mit Regelbetrieb, führt von Matanzas zum Bahnhof Casa Blanca in Havanna.
Zwei Versuche mit den alten Triebwagen zu fahren brachten das gleiche Ergebnis: “Tren cancelado”. Der Zug fährt heute nicht. Grund genug nachzufragen, ob das Schild schon lange dort hängt oder täglich neu am geschlossenen Zaun angebracht wird.
Der freundliche Bahnangestellte teilt mir über den Zaun mit, dass der Zug aus Casa Blanca wieder nicht abgefahren sei und deshalb auch der Zug von Matanzas zurück nach Havanna ausfällt. Grund dafür sind die Feiertage. Die Eisenbahner feiern lieber Silvester und den Revolutionstag am 1. Jänner statt einen Zug zu steuern. Morgen dann… vielleicht… kommt der Hershey-Train wieder in Fahrt.
Option 2 ist der Bahnhof Matanzas an der Hauptstrecke Havanna – Santiago de Cuba. Von hier sollte man doch weiterkommen? Immerhin gibt es Richtung Santa Clara einmal täglich eine “Schnellzugverbindung”, einen dieser Züge möchte ich nehmen. Ich informiere mich ausführlich über Abfahrtszeiten und darüber was ich beim Kauf von Bahnfahrkarten in Kuba beachten sollte. “Einfach eine Stunde vorher da sein, es gibt keine Reservierung.”
Zwei Tage später stehe ich voll bepackt wieder am Bahnhof, schon mehr als zwei Stunden vor Abfahrt des Zug Nummer 11 nach Santa Clara und weiter nach Santiago de Cuba. Auf der Kreidetafel sind schon mehr als zwei Stunden Verspätung prophezeit, obwohl der Zug in Havanna noch nicht einmal abgefahren ist.
Ich werde in ein kleines Zimmer gebeten. Dort wird mir erklärt, dass ich mir heute keine Reisechancen ausrechnen kann – es gibt eine Warteliste mit über 50 Namen drauf. Doch wo kommt bloß die Liste her? Hier und auch auf anderen Bahnhöfen wird mir erklärt, dass keine Reservierung möglich sei.
“Mañana” da wäre ein Platz im Zug frei. Und nach den Feiertagen rund um Weihnachten und Silvester da sollte es sowieso wieder leichter sein einen Sitzplatz im Zug zu ergattern.
“Mañana da möchte ich schon in Santa Clara sein” brummle ich am Bahnhof in Matanzas vor mich hin und schultere währenddessen meinen Rucksack. Dann wird’s heute also nichts mit Zugfahren.
Meine Reise geht mit dem Bus weiter, nicht weniger abenteuerlich wie sich herausstellen sollte. Aber so schnell gebe ich nicht auf. Ich bin ja noch einige Wochen in Kuba. Fahre ich halt ein anderes Mal mit dem Zug. “Mañana. Oder übermorgen.”
Axel says
Na hat es noch geklappt mit dem Zug? Mal sehen wie es im März aussieht.
Habe dann jeden Tag einen Zug im Programm.
Freue mich schon auf Kuba.
Gerhard says
Axel: Ja, es hat noch geklappt mit den Bahnfahrten. :-) Mit Regelzügen in Kuba zu reisen ist ein relativ aufwändiges Unterfangen. Der Hershey Train war leider auch bei meinem Aufenthalt in Havanna “canceled”. Scheinbar gibt es an einem Streckenabschnitt Probleme mit der Stromversorgung. Rund um Trinidad und von Santiago de Cuba nach Santa Clara bin ich mit dem Zug gefahren. Reiseberichte folgen. :-)
Und bei Dir? Wo genau machst Du im März mit der Eisenbahn Kuba unsicher?
Axel says
Moin Gerhard! Bin gespannt auf deine Eindrücke. Bei mir steht auf dem Program.
Besuch in einer Reparaturwerkstatt, wo angeblich alle Loks restauriert werden. Der Hershey-Zug. Bummelzug (Lechere). Von Pinar del Rio soll auch ein Bummelzug fahren. Mit dem Dieseltriebwagen nach Sopimpa. Eine „historische“ Dampflok in einer Zuckerfabrik. Plus die üblichen Impressionen, die in jedem Reiseführer oder Reisebeschreibungen stehen :)
Mal sehen ob und wie alles klappt…
Dennis Kopp says
Schade, dass es auch beim zweiten Anlauf nicht mit dem Hershey Train geklappt hat. Eine Fahrt wäre ebenfalls ein Abenteuer gewesen. Unser Zug ist dreimal liegengeblieben und hat uns erst nach 7 Stunden in Casablanca abgesetzt. Aber wie du schon sagst, die Busfahrten waren nicht minder abenteuerlich in Kuba. Ein wirklich interessantes Land zum Reisen. Wenn man viel Zeit hat… :)
Gerhard says
– Axel: Da bin ich auf Deine Erlebnisse schon sehr gespannt! Vielleicht bist Du sogar auf der gleichen Reise wie ein Bekannter von mir. Also individuelle Bahnreisen sind in Kuba wirklich “zäh”. Drücke Euch auch die Daumen, dass der Hershey-Train wieder fährt!
– Dennis: Stimmt… viel Zeit sollte man für Kuba auf jeden Fall mitbringen. Und sich nicht zu sehr frusten lassen, wenn der eine oder andere Zug/Bus/Taxi… ausfällt. ;-)
Andreas says
Auch ich war schon 2x in Kuba und knnnte nicht die Bahnreisen unternehmen, die ich wollte. Auch für die Hershey-Bahn bräuchte es beide Male mehrere Anläufe.
Aber den Eisenbahnen dort Faulheit oder andere Interessen vorzuwerfen, ist doch allerhand und eine böswillige Unterstellung! Im Gegenteil: es grenzt an ein Wunder, dass sie den Betrieb überhaupt aufrecht erhalten können! Es fehlt an allem und nur durch den Erfinderreichtum der Kubaner können die Züge überhaupt noch fahren! Wenn eine Lok ausfällt, ist kein Ersatz da und der Zug fährt nicht mehr, bis die Loks wieder zusammengebastelt (das Wort ist nicht ironisch gemeint!) ist.
Auf der Hershey-Bahn kommt noch die kritische Stromversorgung hinzu, die immer wieder die Züge ausfallen lässt!
Ich habe selbst 2 solcher Abenteuer auf der Hershey-Bahn erlebt. Das eine Mal lag das Bremsgestänge des einen Drehgestells auf der Einsteige-Plattform. Der Zug fuhr prompt nur bis Hershey und dann in die Werkstätte zur Reparatur. Ersatzzug war keiner vorhanden, Weiterfahrt per Camión!
Auf der Rückfahrt riss ein Tragseil der Fahrleitung und der Stromabnehmer entgleiste. Kaum zu glauben: die Eisenbahner ließen die Fahrleitung ausschalten, kletterten aufs Dach des einen und dann des anderen Triebwagens, reparierten die leicht beschädigten Stromabnehmer und drückten die Fahrleitung von Hand wieder über den Stromabnehmer. Nach gerade mal 45min ging die Fahrt weiter!
Wie lange würde es wohl hierzulande dauern, bis hierzulande eine Hilfslok den Zug abschleppt?
Darum habe ich eine Hochachtung vor den kubanischen Eisenbahnern, die von der Hand ins Maul leben und dennoch Meisterleistungen vollbringen. Und dies für einen Lohn von etwa 16 Euros/18 Franken pro Monat!
Wie sagte mir der Bahnhofvorstand von Matanzas? Hier weiss man, wann der Zug abfährt, aber nicht, wann er ankommt! :-)
Drück mir die Daumen, ab nächstem Mittwoch versuche ich es nochmals, Kuba per Eisenbahn zu erleben.
Gerhard Liebenberger says
– Andreas: Danke für Deine Eindrücke und Einblicke. Ich drücke Dir die Daumen, dass es mit der Reise klappt. Ich habe noch einige Infos bei mir über die Eisenbahn in Kuba liegen. Die sollte ich dringend einmal im Blog veröffentlichen. ;-)